HAMREA – Hamburg rechtsaußen

Rechtsextreme Gewalt- und Aktionsformen in, mit und gegen städtische Gesellschaft 1945 bis Anfang der 2000er Jahre

aus: Der Hamburger Antifaschist, Mai 1982.

Ein Projekt an der Forschungsstelle für Zeitgeschichte in Hamburg in Kooperation mit der Stiftung Hamburger Gedenkstätten und der Hamburger Landeszentrale für politische Bildung

Beteiligte an der Forschungsstelle für Zeitgeschichte: PD Dr. Knud Andresen, Dr. Daniel Gerster, Dr. Kerstin Thieler

In der aktuellen Diskussion um Rechtsextremismus und -populismus wird die historische Kontinuität dieses Denkens und Handelns in der Bundesrepublik systematisch unterschätzt. Vor dem Hintergrund einer – gerade von der Geschichtswissenschaft lange Zeit kolportierten – „Erfolgsgeschichte“, die von einer gelungenen Aufarbeitung des Nationalsozialismus und einer Liberalisierung der politischen Kultur geprägt war, blieben die seit 1945 zu beobachtenden Aktionen der extremen Rechten gleichsam „Störungen von außen“.
Das Projekt HAMREA fragt daher am Beispiel Hamburg nach der gesellschaftsgeschichtlichen Relevanz und Kontextualisierung rechtsextremen Gewalt- und Aktionshandelns. Im Zentrum steht die Entwicklung der Markierung von Rechtsextremismus (oder verwandten Begriffen) in der alten Bundesrepublik und der Wiedervereinigungsgesellschaft.
Das Forschungsprojekt soll der geschilderten Schieflage entgegenwirken, indem es auf eine problem- und gegenwartsorientierte Historisierung von Konjunkturen und Ausprägungen des Rechtsextremismus in seinem gesellschaftlichen Kontext zielt und das Wissen um dessen Dynamiken auch fruchtbar für aktuelle Diskussionen macht. Dies führt zu einer Hamburger Fallstudie über diejenigen rechtsextremen Gewalt- und Aktionsformen, die seit 1945 im urbanen Kontext öffentliche gesellschaftliche Interaktionen auslösten und auf diese Weise analytisch tiefe Einblicke in das sich über die Jahrzehnte wandelnde politische Kräftefeld erlauben.
Anhand ausgewählter Fallbeispiele werden die Akteurskonstellationen und Dynamiken erforscht und erarbeitet, wie die bundesdeutsche Gesellschaft Rechtsextremismus auf Gewalt- und Aktionsformen reagierte: Was galt als „rechtsextrem“? Wie verschoben sich die Grenzen des Sagbaren über den Rechtsextremismus in der Gesellschaft, wie versuchten Rechtsextreme, Sagbarkeitsregeln zu verletzen? Welche Aktionsformen standen sich bei rechtsextremen Organisationen und der zivilgesellschaftlichen Bündnisse gegenüber und wie korrespondierten diese?
Die multiperspektivische Analyse eines rechtsextremen lokalen Zusammenhangs in der zeitlichen Tiefe von sechs Jahrzehnten zielt zum einen darauf, offene Forschungsfragen wie die nach der Bedeutung der räumlichen Situierung, der Interdependenzen zwischen rechten Partei- und lebensweltlich getragenen Bewegungsstrukturen, aber auch denen nach Themen und Anlässen rechter Gewalt im Wandel der Jahrzehnte zu diskutieren.
Zum anderen soll dieses Wissen in aktuelle gesellschaftliche Diskussionen vermittelt werden: Die Forschung zu, aber auch die enge Zusammenarbeit mit Praxispartner:inen aus der historisch- politischen Bildung sowie mit zivilgesellschaftlichen Initiativen zur Auseinandersetzung mit rechtsextremen Kräften bringen die Akteur:innen ins Gespräch. Auf diese Weise trägt das Projekt zur (Selbst)Reflexion vergangener Aktivität gegen rechts wie auch zur Aktivierung der politischen Praxis heute bei.

Gefördert durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), Förderlinie „Rechtsextremismus und Rassismus“ 2023-2025.

Veröffentlichungen

Daniel Gerster & Kerstin Thieler, „Hamburg rechtsaußen“. Ein neues Forschungsprojekt zu rechtsextremen Gewalt- und Aktionsformen nach 1945 in: Archivjournal 2/2023, S. 8-9. Download

Berichterstattung

Ursula Storost, Deutschlandfunk, Zeitfragen: Hamburg rechtsaußen. Forscher dokumentieren rechte Gewalt seit 1945, 26.4.2023. Download

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